Die gute Nachricht

Am Mittwoch, den 7. Januar 2015 um ca. 11:30 Uhr erfolgte in Paris der Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo. 12 Personen wurden getötet, darunter vier Karikaturisten.

Noch immer ist mir keiner der prominenteren Namen geläufig, noch immer kenne ich keine einzige Zeichnung aus einer ihrer Federn, aber ich lese immer wieder von ‘Mohammed-Karikaturen’, die sie angefertigt hatten und durch die sich offenbar sogar gemässigte Muslime beleidigt gefühlt haben. Nun ist die allgemeine Betroffenheit groß, wird weltweit von Krethi und Plethi Solidarität bekundet. Die politische Rechte profitiert, der Islam distanziert sich, die Sicherheitsideologen mobilisieren, alles geht – nun gut – seinen Gang.

Wie es wirklich war, weiss ich nicht, kenne weder Motive noch Argumente. Was aber unzweifelhaft feststeht, ist, dass Zeichnungen, also Bilder, also kulturelle Erzeugnisse ernst genommen und in ihrer Bedeutung gewürdigt wurden. Neben der Wut und der Trauer, die mich bei jeder Gewalttat befallen, empfinde ich das als gute Nachricht! Endlich einmal wird die Wirkmächtigkeit von Bildern nicht bagatellisiert oder geleugnet, sondern erkannt.

Dieselbe Sensibilität herrscht an Stellen, wo man es nicht unbedingt vermuten würde, m.E. schon ganz lange: bei den Mächtigen dieser Welt, den Regierenden und Herrschenden, die schon lange vor allem die Berichterstattung über ihr Handeln in Wort und Bild zu kontrollieren versuchen.

Ich versuche mir vorzustellen, ein arabisches Satiremagazin wäre Ziel eines christlich motivierten Anschlags eines amerikanischen Attentäters geworden, weil es über Missetaten der Amerikaner (von denen jedem von uns eine ganze Menge einfallen sollten) in lästerlicher und verunglimpfender Weise berichtet hätte. Schwer zu glauben, dass ein ähnliches Medienecho hierzulande stattgefunden hätte, oder?

Im Gegenteil: Wir scheinerregen uns über die angebliche Ausbreitung des radikalen Islamismus, treten aber selbst aus steuerlichen Gründen aus der christlichen Kirche aus und freuen uns über die segensreichen Auswirkungen der politisch instabilen Lage z.B. im Einflussgebiet des IS: den niedrigen Ölpreis.

Kennt ihr mein Bild ‘Der Idiot’? Aus vielen Gründen, die ich an dieser Stelle nicht aufzählen möchte – einige hängen unmittelbar mit der Lektüre des gleichnamigen Dostojewski-Romans zusammen -, bin ich der festen Überzeugung, 2014 mit ihm ein Bild aussergewöhnlicher Qualität vorgelegt zu haben. Ich habe es deshalb hier gezeigt und zu zwei Wettbewerben eingereicht, aber leider ist es nicht entsprechend gewürdigt worden. Nun kommt es nebenan bei Kwerfeldein doch noch zu bescheidenem Ruhm. Danke, Aileen Wessely!